Was heute in Massenheim an Gebäuden steht, ist außer der Kirche nicht älter als maximal gut 400 Jahre.
Wohl hatten die Römer auch angefangen hier zu siedeln, denn ihre Ruheständler hatten die Zusage nach ihrer Pensionierung eine Rente zu bekommen in Form? Eines Bauernhofs. (wir nennen die damaligen Anlagen aus heutiger Sicht meist Villa (römische Villa), aber von diesen ist über der Erde kaum noch was zu erkennen. Man weiß, dass von Erbenheim her in halber Höhe, also da wo sich heute dort die Heerstrasse und die Straße von Nordenstadt bis „Hof Erbenheim“ verläuft, sich römische Güter befanden in nur einigen hundert Meter Abstand.
Dies dürfte sich über Delkenheim ebenfalls in halber Höhe zwischen Wickerbach und Oberfeld bis Massenheim (Delkenheimer Weg) fortgesetzt haben.
Wie an unserer Kirche erkennbar (ehem. Taufstein an der Südecke) haben die Nachrömer brauchbare Steine und sicher auch anderes Baumaterial recycelt.
Als die fränkischen Stämme nach der Zeitenwende hier die Alemannen ablösten und zu siedeln begannen, hatten sie andere Vorstellungen und bauten kompakter, - zweckmäßiger auch aus meiner Sicht.
Die Franken waren Ackerbauer mit Viehhaltung, also passten sich die Bauten für die Praxisbedingen an.
Wie war ein Tagesablauf in einer „Fränkischen –Hofreite“, der von dieser Bauart erleichtert und begünstigt wurde.
Derjenige der zuerst aus den Federn kam (bei uns der Opa, der für leichtere Arbeit noch zuständig), - steckte den Herd an, mit - gehackten Baumreisern oder Weinbergsreben, welche meist vom Vorjahr getrocknet in einem Seitengebäude gelagert, in jedem Betrieb vorhanden waren.
Diese – allgemein –Reiser genannt, waren nach der Lagerung und vor ihrer Verwendung auf einem Holzklotz in einem Nebenraum oder in der Scheune mit dem Beil auf ca. 10 – 15 cm gehackt (Winterarbeit oder auch über das Jahr verteilt „An trockenen Regentagen“ genannt (dies waren Tage, an denen es regnete, oder an Vortagen so viel geregnet hatte, dass ein Arbeiten auf den Äckern nicht möglich war, aber für Innenarbeiten ohne Zeitverlust genutzt wurden).
Januar Februar waren die Monate an welchen die Hackgeräusche vermehrt zu hören waren, dies war auch die Zeit vor Fasenacht in der viele Massenheimer ihre Büttenreden ausarbeiteten, so auch mein Vater. Wenn dann monotone Hackgeräusch einmal aussetzte, wussten wir „Er hat Einen“ (abgeleiteten vom Keim und Lissbett – wenn der Blinde Keim einen Vers hatte, oft zur Nachtzeit, dann rief er seiner Frau die Ihn aufschreiben musste „Lissbett ich hunn Ohner“).
Also mein Vater hatte einen Vers ein Reim oder sonst etwas Brauchbares für die Fassenacht was er auf sein zur Hand liegendes Notizbuch eintrug.
In dem Lagerraum waren auch andere kleine Brennmaterialien wie Eierkohle - Steinkohle Briketts vorhanden. Größere Holzscheide lagerten in einem anderen Seitengebäudeteil in welsches sie oft im oberen Teil eingefüllt und über eine Rutsche in angenehme praktische Entnahmehöhe gebracht, entnommen werden konnten.
Denn für – warmes Wasser wurden diese Heizmaterialien umgehend gebraucht. Für die - Zubereitung des Futters für Schweine zum Saubermachen der Melkutensilien usw.
Zu Schweinefutter:
Außer Kartoffel, - extra für die Schweine im Kessel oder Kartoffeldämpfer gekocht, gab etwas geschrotetes Getreide aus natürlich eigenem Anbau eventuell etwas zugekauftes Mineralfutter und Eiweißfutter das in der Regel Fischmehl enthielt (leicht zu erriechen) welches beim „Hoamerdin“ in de Hennergass oder beim Schauer in de Unnergass, später beim Jacob an de Hauptstros - unn dann nur noch bei de Genossenschaft in de „Herrnscheier“ gab.
Unn vor allem aus de „Saubitt“.
Die Saubitt: Bei uns eine gemauertes Behältnis, mit Innenmaß 80 x 100 cm und 60 cm Tiefe, in welches alle essbaren Überreste aus Küche und Garten landeten, - auf der die Kartoffelquetsch auflag mit der die frisch gekochten Erdäpfel vermatscht wurden, - also alles aufnahm was die Schweine dann als Menü erhielten.
Je nach Anzahl der zu melkenden Kühe war dann der Rest der Familie im Kuhstall, denn die Abnahmezeit der Milch in der „Milchküche“ (Millschkich) wie der Raum sich nannte welche die Molkerei (bei uns Moha), angemietet hatte, war festgesetzt und nicht länger als eine Stunde, - verschlafen war nicht drin.
Parallel oder in –Folge- waren die Schweine und Federvieh an der Reihe und hier bewährte sich „Fränkische Hofreite“ , denn zum Misten zumindest, wurden Schweine und Hühner zur Arbeitserleichterung einfach in den Hofraum entlassen, was diese, natürlich freudig annahmen und mit Luftsprüngen quittierten, um dann schnell alles Fressbare aufzunehmen, was da so zu finden war „Hühnerbonbons“ waren stark begehrt, was der Tierarzt als Mineralstoffmangel attestierte.
War es doch auch in so einer Hofreite ein entspanntes arbeiten. Fremdbeobachtung war nicht so gewünscht auch von Nachbarhöfen her und wurde, wenn Gebäude auch Anbauten nicht hergaben durch auch mal provisorischen Bauwerken erreicht - anhäufen von Holz und Reiser waren da schon mal nützliche Hilfsmittel.
Der Bauer oder Gehilfe. – wobei Gehilfe in Massenheim und Umgebung in der Regel Familienmitglieder waren, nur selten konnte sich ein durch die Erbteilung auf eine Mindestgröße reduzierter Betrieb hier in Hessen einen – Knecht – eine Magd leisten, - richteten, wenn Feldarbeit anstand - diese vor und parallel wurde von der Frau - den Frauen das Frühstück in der Küche gerichtet.
Ledig gebliebene Familienmitglieder oder auch Invalide gab es da und dort, auch ein nach einem Krieg wegen mangelndem Kontakt in seine angestammte Heimat, also meist Einzelkämpfer - vereinsamte Männer auch ehemalige Kriegsgefangene halfen da vereinzelt in den Dörfern für Brot und Unterkunft bei Bauern.
Dann trennten sich die Arbeitswege der Geschlechter, gemeinsam wurden je nach Jahreszeit und Arbeitsart erst die Nachmittage verbracht, zum Kampf gegen Unkräuter oder zur Ernte.
Bis zum letzten Krieg und kurz danach war es auch üblich, dass der Bauer sich gern mal vor den Aufräumarbeiten nach getaner Hauptarbeit zu einem Äppelwoi in die Kneipe verdrückte. Hier war die Kattrien (Zur Rose) in der Parrgass, da ziemlich im Mittelpunkt des bäuerlichen Ortskerns gelegen, und de Attler in de Üwwergass (ganz früher Obergasse genannt jetzt Hauptstraße) nach Überlieferung und Erinnerung die meist ausgesuchten Fluchtorte.
Stammtische waren auch zu der damaligen Zeit, vor allem vor dem letzten Krieg in jeder der im Ort liegenden Gasthäuser zu finden. In de Roos (Gasthaus – Zur Rose) war der „Goldklumpe“ der zu mindestens im Sommer, wenn die Fenster offen waren das Umfeld mit Gesang beschallte in de Kron (Gasthaus - Zur Krone) die Liehebeitel (Lügenbeitel) mit einer Mischung aller Berufe und Stände aus dem Ort, der auch noch viele Jahre nach Kriegsende den runden Tisch am Sonntag belebte.
Im Dorf, wie an anderer Stelle schon erwähnt hatte zur Unterscheidung und auch zu einer gängigen – leichteren Aussprache, jeder oder fast jeder einen anderen Namen als im Ausweis.
Auch war es üblich Gruppen pauschal zu unterscheiden, ohne eine besondere Wertung damit zu verbinden, einfach auf die Schnelle sprach man von Bauern – im Detail eventuell von Kuhbauern und Geilsbauern (Pferdebauern) und auch eventuell Gasebauern (Ziegenhaltern) – dies waren in der Regel dann die Arbeiterfamilien also im Gegensatz zu den Bauern wie erwähnt ohne sondere Wertung die „Arme Leit“ genannt.
Diese „Arme-Leit“ waren Arbeiter meist im Umfeld also auch meist fußläufig beschäftigt, hatten ohne Ausnahme ein Grundstück meist in Ortsnähe oder hatten ein Grundstück von der Pfarrgemeinde 1/2 bis 1mrg groß (nach der Flurbereinigung zumindest) worauf sie ihr - Gasefutter und Kartoffel und wenn es reichte auch etwas Getreide für die Hühner zogen.
Da Bauern zu bestimmten Arbeiten Tagelöhner, also Aushilfen brauchten, gab es da von den Bauern die Hilfe des Pflügens und eventuell das Aussähen oder Grobarbeiten auf dem Acker zum Ausgleich.
So ergänzte man sich, denn jeder konnte nicht Bauer sein und nicht jeder Arbeiter so dick war es nirgends.
Da Arbeiterfamilien im Gegensatz zu den „Selbsternährern“(Landwirte z.B.) Lebensmittelkarten nach dem Krieg erhielten auf die es Zucker gab, weiß ich hier auch von einem Austausch mit Butter aus heimischer Herstellung.
Im Allgemeinen lief es also fast alles harmonisch in- und miteinander, nur der Gesangverein „Eintracht“ nannte man auch – Arbeiterverein – aber man sprach nie vom „Arion“ als Bauernchor - alles ohne tiefe Wertung.
Einmal im Jahr fuhr der Bauer (auch die Bäuerin) in die Stadt um beim Frorath oder Steib einige Gebrauchsgeräte zu kaufen, - die er auch beim Gräber in Flörsheim hätte hohlen können, aber beide wollte mal eben in die Stadt. Sein Einkauf wurde von seiner liebsten zu Hause natürlich kritisch begutachtet und etwas war dann ja wohl dabei was ihr nicht als gebraucht-orientiert einleuchtete, also war sie der Meinung, - Das brauchen wir nicht!
Seine Antwort: Mag sein - aber es kommt ja vielleicht mal Einer, der es gebrauchen oder liene will! (liene für Leihen)
Sicher war dem Bauer auch nicht alles aus seiner Überzeugung richtig was seine Frau einkaufte, diente aber doch auch zu seiner Erbauung, wenn sie sich einige neue Klamotten zulegte, etwas moderne, schönere vielleicht, als das was aus meist veränderten alten Klamotten und in der Regel zu Hause zusammengenäht wurde.
Gegen die Auswahl bei den städtischen Metzgern, welche dann ebenfalls geordert wurde, verschloss er sich sicher nicht. Aufschnitt z.B. gab es bei den Landmetzgern erst viel später als die Einwohnerzahl durch Zuwanderung (Flüchtlinge – Ausgebombte und Heimatvertriebene) sich vergrößerte und die Hausschlachtungen abnahmen.
Geht mal weiter in der Fränkischen entspannt, denn niemand sah etwas, hörte etwas. Aber gerochen hat man zumindest das Schlachtfest und man konnte schon Tisch decken, denn für die Nachbarschaft fiel immer etwas ab.